Dorfgemeinschaft Dreisel

Im Jahre 1879 entstanden in Dattenfeld, Rossel und Dreisel neue Schulen und diese wurden sogar an drei aufeinander folgenden Tagen eingeweiht. Die Dreiseler Schule war eine einklassige katholische Volksschule mit einer Lehrerwohnung im selben Gebäude. Für die Lehrer der Dorfschulen bestand eine „Residenzpflicht" im Schulbezirk und so wohnte der Lehrer mit seiner Familie in der selbst für damalige Verhältnisse sehr bescheidenen Lehrerwohnung. Lehrer einer Dorfschule zu sein, war mit vielen Verpflichtungen und auch Einschränkungen verbunden. Zwar war man im Ort eine meist hoch angesehene Respektsperson, man konnte aber oft nicht ganz unbefangen mit den Mitbürgern umgehen. Ein Lehrer bekannte, dass er nur mit solchen Leuten aus dem Dorf engere freundschaftliche Beziehungen einging, deren Kinder er nicht oder nicht mehr unterrichtete.

1907: Der Lehrer Schmidt mit den Dreiseler Kindern vor der späteren Bäckerei Höffer

 

Joachim Gauchel berichtet über die Dreiseler Schule:

Die Volksschule in Dreisel, eine Zwergschule, hatte eine Unter- und eine Oberklasse mit jeweils 4 Jahrgängen. In unserem Klassenraum stand ein großer Kohleofen. An einer Wand hing immer eine große Landkarte.

Die ersten 3 1/2 Jahre hatten wir Unterricht bei Lehrer Konzen. Er wohnte auch mit seiner Familie in der Schule, im Dachgeschoss. Eines Tages kam der Schulrat. Der Konzen stellte sich hinter den Schulrat und signalisierte uns die Antworten auf dessen Fragen durch Fingerzeichen.

Im Rechnen war ich bei den Schnellsten. Wer vor den anderen fertig war, bekam zur selbständigen Beschäftigung Kärtchen mit Aufgaben darauf. Da hatte ich mal eines mit Texten, in denen die fehlenden Selbstlaute zu ergänzen waren, u.a. "_ms_l, Dr_ss_l, F_nk _nd St_r". Das Lied kannte ich nicht. Amsel, Drossel und Fink  habe ich noch hingekriegt, das letzte Wort jedoch nicht. Also schrieb ich, was ich kannte: Stier.

Die Erstkommunion-Vorbereitung mit den weiten Wegen nach Dattenfeld im Winter mit Schnee war anstrengend.

Ein Highlight war damals für mich, wenn der gute Wegen Clemens mit seinem tollen Trecker vorbei kam und mich mitnahm in die geliebte Schmiede.

Mein und unser Glück war dann im letzten Halbjahr in der Schule die junge Frl. Krone aus Köln. Sie hat sich mit Hingabe, Liebe und großem Einsatz erfolgreich um uns bemüht. Danke!

Die Dreiseler und die anderen Zwergschulen wurden später geschlossen, zu meinem Bedauern.

 

1935, kurz nach der Einweihung der neuen Kapelle, erregte die Schule großes Aufsehen, als Dreiseler Eltern sich gegen einen NSDAP-nahen Lehrer wandten, den sie als ungeeignet ansahen, ihre Kinder im „katholischen Sinne“ zu erziehen. Eine herausragende Rolle in diesem Konflikt zwischen der Bevölkerung und Teilen der örtlichen Kirchenführung auf der einen und dem NS-Organen auf der anderen Seite spielte der Dattenfelder Kaplan Ernst-Moritz Roth, der seit 2010 Namensgeber der Dattenfelder Grundschule ist. Dass er im März 1945 ausgerechnet in Dreisel bei einem Bombenangriff ums Leben kam, ist eine tragische Ironie der Geschichte.

 

Einige Lehrer an der Dreiseler Schule waren:

Dieses Foto aus den frühen 1970er Jahren zeigt Dreiseler Schulmädchen beim fröhlichen Pausenspiel. Der Bereich zwischen der Schule und der Kapelle diente als Schulhof.

  • Schmidt
  • Höfer
  • Blänkner
  • Schweinheim
  • Gerhards (seit vor dem 2. Weltkrieg bis 1953)
  • Konzen (bis ca. 1955)
  • Frl. Piert (ca. 1956)
  • Biehl (ab Mitte der 60er Jahre, ging später nach Norwegen)
  • Frau Strucks
  • Josko
  • Knoblich (wenige Monate in 1969)
  • Meißner (1953-1969)

 

Frau Strucks kam wohl aus Köln und ging immer zu Fuß vom Bhf. Schladern zur Dreiseler Schule. Danach war sie immer müde, sagen ihre damaligen Schüler.

Ergänzt wurde das Stammpersonal zeitweilig durch einige weitere Kräfte wie z.B. die Lehramtsanwärterinnen Frau Völkel, Frau Krone oder den (eigentlich bereits pensionierten) Lehrer Mähler.

Maria Patt und Maria ("Itzelchen") Christgen waren Frauen aus dem Dorf, die die Mädchen in der Schule beim Handarbeitsunterricht beaufsichtigten und anleiten konnten. Von der Schülerin Martha Engel ist überliefert, dass sie im Handarbeitsunterricht oft die Socken der Jungen und Männer ihrer Familie stopfen musste.

 

Horst Christgen in Dattefälder Platt (Teil 3) von Hemut Salz:

Et Fauelsnoßt:

Et woor, wi esch de Dreeseler Folksschuel besööken däät. Jenau bowwerem Fennßter fomm Leerer senger Woonung woor enn grues Fauelsnoßt. Mo kann jo foschtoon, datt datt Noßt uss Pueschen reizen däät. Unn zesammen meddem anderen Beuert noom esch enn Bueneschtang unn däät esu lang törren, bisset Noßt eraffkoom. Jenau enn dämm Oorenbleck maacht der Leereret Fennßterob, luet eruss unn krett datt Noßt jenau ob sengen Kopp. Mir wuuren deräkt enn de Schuel jehoelt unn kretten de Uuren langjezooren. Usserdämm sollte mo alz Schtroofe fö ussen Onndoocht amm näkßten Daach 2 Schtond Noosezzen. Doch meng Älderen hatten alt öwwerlääscht, datt esch mett ennet Fäld sollt unn doo hällefen, Eepel oblässen. Si dääten däswäjen memm Leerer schwäzzen, datt esch mett ennet Eepelsfäld dorft – unn et Noosezzen wuur jeschtrischen.

Das Vogelnest:

Es war in der Zeit, als ich die Dreiseler Volksschule besuchte. Genau über dem Fenster der Lehrerwohnung befand sich ein großes Vogelnest. Dieses Nest reizte uns junge Burschen natürlich und zusammen mit einem Freund nahm ich eine Bohnenstange und schlug das Nest herunter. Just in diesem Augenblick öffnete der Lehrer das Fenster, schaute heraus und bekam das Nest genau auf den Kopf. O weh! Wir wurden sofort zu ihm in die Schule geholt und bekamen im wahrsten Sinne des Wortes die Ohren lang gezogen. Außerdem sollten wir als Strafe für unsere Missetat am folgenden Tag in der Schule zwei Stunden Nachsitzen. Doch meine Eltern hatten mich schon eingeplant, dass ich zum Kartoffelauflesen mit ins Feld sollte. Ein Gespräch meiner Eltern mit dem Lehrer endete damit, dass ich mit ins Kartoffelfeld durfte - und das Nachsitzen wurde gestrichen.

 

 

Von Lehrer Gerhards ist überliefert, dass er ein sehr musikalischer aber auch sehr strenger Lehrer gewesen sein muss. So erinnern sich z.B. ältere Dreiseler noch daran, dass er es gar nicht gerne sah, wenn Kinder noch abends auf den Straßen herumliefen. Margarete Patt traute sich sogar in Begleitung ihrer Mutter kaum, abends auf dem Weg zu ihrer Oma an der Lehrerwohnung im Schulhaus vorbeizugehen... Einmal als in der Karnevalszeit die Sieg zugefroren war, wusste die Dorfjugend, dass Lehrer Gerhards bei der Karnevalssitzung im „Zillertal" weilte. Und so wagte man sich auch noch nach Einbruch der Dunkelheit hinaus zum Schlittschuhlaufen auf der Sieg. Am nächsten Tag war der Ärger trotzdem groß – offenbar hatte einer der Anwohner dem Lehrer etwas gesteckt.

3. Klasse 1959

Klassenfoto aus dem Jahre 1919