Dorfgemeinschaft Dreisel

Dreisel gehört heute zur Gemeinde Windeck im östlichen Rhein-Sieg-Kreis und bildet innerhalb des Gemeindegebiets die geographische Mitte (genau: „Teufelsloch" unterhalb Haus Löh zwischen Dreisel und Helpenstell). Bis 1932 gehörte Dreisel mitsamt seinen Nachbarorten zum Kreis Waldbröl, dann erst wurden die Gemeinden Dattenfeld und Rosbach dem damaligen Siegkreis zugeschlagen. Am 1.8.1969 wurde aus den Gemeinden Herchen, Dattenfeld und Rosbach die Gemeinde Windeck. Der Ortsname Dreisel (früher: Dreesel, Dresel, Dreissel, Dreyssell, Dreselingen oder Dreissawel) wurde 1447 erstmalig urkundlich erwähnt.

 

Einwohnerzahlen:

      • 1863: 342 Einwohner
      • 1962: 557 Einwohner
      • 1976: 635 Einwohner
      • 2010: 679 Einwohner

Als die Menschen oftmals noch danach beurteilt wurden, aus welchen Dörfern der Umgebung sie stammten, galten die Dreiseler als durchaus raues Völkchen. Der ehemalige Lehrer der Dreiseler Schule, Georg Meißner, berichtet von einer typischen Begebenheit am Rande des Gottesdienstes in Dattenfeld. Dort war es während der Messe durch tobende Kinder recht laut gewesen. Nach dem Gottesdienst unterhielten sich zwei Kirchenbesucher über die Störung. „Das waren bestimmt Kinder aus Dreisel", wusste der eine sofort. „Oder aus Übersetzig", ergänzte der andere. Der Pfarrer hatte das Gespräch gehört und klärte auf: „Nein, die waren aus Altwindeck!"  Altwindecker hatten eigentlich den besten Ruf in der Kirchengemeinde.

Eine andere Begebenheit: An einem heißen Sommertag hatten einige Dreiseler schon etliche Flaschen Bier getrunken (was Lehrer Meißner verständnisvoll und wohlmeinend damit erklärte, dass das Trinkwasser in den 50er/60er Jahrennoch nicht so wohlschmeckend war wie heute).

Die Herren machten sich schließlich auf den Weg nach Dattenfeld, um dort weiter zu zechen. Unterwegs begegnete ihnen der bekannte Boxer Peter Müller, genannt „De Aap“, der gerne zum Angeln an die Sieg kam. „Guck mal, dat es de Müllersch Aap….“, sprach der eine.Der bekannte Boxer reagierte pikiert: „Für Sie bin ich immer noch der Herr Müller!“ „Do bess unbliefs für mich de Aap!“, beharrte der Dreiseler. Daraufhin tat Müller das, was er am besten konnte und streckte den Mann mit einem gezielten Fausthieb nieder. Beim Arzt legte er dann 10 Mark auf den Tisch mit den Worten: “Stellen sie den Mann wieder auf die Beine…“

 

 

„Jüps-Eck“ benannt nach dem Besitzer des Fachwerkhauses (rechtes Foto; ganz links) Josef (Jüps) Gauchel, das später der Bushaltestelle weichen musste.

 

 

 

 

 

 

 Martha Jünger mit ihren Zwillingen an der Ecke Wehrbusch/Kastanienweg. Die Scheune links im Bild gehörte zum Hof Schmidt. Heute steht dort das Wohnhaus von Bernhard Schmidt.

 

Seefchen Busch

Josefa, genannt „Seefchen" Busch war eine einfache Frau, die mit ihrer Familie in einem winzigen Haus im heutigen Kastanieweg wohnte. In diesem Haus lebte nicht nur Josefa, sondern auch die Familie ihrer Tochter Helene mit ihrem Ehemann Josef Diensberg und ihren drei Söhnen sowie Helenes Schwiegervater Georg Diensberg, zumindest zeitweilig: also insgesamt sieben Personen.
Die Familie hatte eine Kuh. Um ein kleines Stückchen Weide für das Tier zu schaffen, rodeten die Busch ein Stück Wald oben „Em Ahle Rördchen" etwa in der Gegend zwischen Dreisel und Saal, wo heute der Hochbehälter für die Trinkwasserversorgung steht. Um die Kuh zu melken oder sons wie nach dem Rechten zu sehen, ging man zweimal täglich den beschwerlichen Weg durch den Wald hinauf. Josefa Busch gehörte auch zu den mutigen Menschen die sich gegen die Entscheidung des Nazi-Regimes auflehnten, das Kruzifix aus den Klassenräumen der Schule zu entfernen.Dafür wurde sie zum Verhör nach Köln vorgeladen.

Das Haus heute

Ihr Sohn Wilhelm Kölschbach erinnert sich aber auch daran, dass bei aller Armut und den Mühen des Alltags das Haus seiner Mutter immer „eine Sammelstelle zum Klönen" für die Frauen aus der Nachbarschaft war. Seine Ehefrau Gerda Kölschbach erinnert sich an ein Beispiel für die Armut der Menschen. Ihre Mutter transportierte die gerade bei der Feldarbeit gestorbene Oma auf einem Handwagen nach Hause und hatte bei aller Trauer eine weitere große Sorge: „Wie soll ich die Oma nur unter die Erde bringen?" Für eine ordentliche Beerdigung fehlte einfach das Geld.

Kleinjohanns Häuschen

An und in dieser winzigen Hütte, die bis 1958 an der Bahnlinie in Schladern zwischen Schönecker- und Schlossberg am „Schwarzen Wegelchen" stand, war der Arbeitsplatz des Bahnwärters Heinrich Kleinjohann, geboren 1857 in Dreisel. Nach ihm wurde die Hütte „Kleinjohanns Häuschen" benannt. Seine Mutter war Elisabeth geb. Patt aus Dreisel, seine Tante eine Maria Josepha Altwicker, geb. Thiel, ebenfalls aus Dreisel. Einen interessanten Einblick in das Leben des Deutschlands der 1930/1940er Jahre liefert die Bescheinigung „Zwecks Nachweis arischer Abstammung", die man vorlegen musste, wenn man heiraten wollte. Ein Dokument des Nazi-Rassenwahns, der selbst in die privatesten Lebensbereiche der Menschen eingriff.

 

Brandbericht vom 23.Mai 1909

Am Sonntag, den 23. Mai 1909 abends gegen 11 Uhr wurde uns durch einen Kraftfahrer mitgeteilt, dass in Dreisel ein dem Bäcker Jos. Linke und der Ww. Margarete Joest gehörende Scheune am brennen sei. Trotz des 10jährigen Stiftungsfestes, welches gerade gefeiert wurde, rückte die gesamte Wehr unter persönlicher Leitung ihres Brandmeisters Herr Adolf Hauser sofort zur Brandstelle ab und nur unter den größten Anstrengungen gelang es das Feuer zu löschen und dadurch auch noch Häuser, die in unmittelbarer Nähe standen, zu retten.

Die Scheune war leer, trotzdem brannten fast alle Balken von unten bis oben.

Mit Mühe und Not konnten wir die Leute bewegen, dass man einige Eimer geliehen bekam.

Über die Entstehungsursache des Feuers konnten wir nichts in Erfahrung bringen doch vermuten wir sehr stark, dass Brandstiftung vorliegt.

Herr Wachmeister Mohr aus Schladern, welcher sofort mit der Wehr nach Dreisel ging und bis zur Beendigung des Löschdienstes dort blieb, hat gemeinsam mit dem Brandmeister alles nachgesehen.

Um ½ 2 Uhr morgens rückte die Wehr ab und ließ 4 Mann als Brandwache zurück.

Versichert war die Scheune zum Teil bei der Provinzial-Sozietät und bei der Aachen-Leipziger Versicherungsgesellschaft. In welcher Höhe konnte man nicht erfahren.

Peter Dahm

Schriftführer

Adolf Hauser

Brandmeister

 

 

 

Nachbarschaftliche Gesprächsrunde an Zerbins Gartenzaun im Wehrbusch (Juni 1994): Johann "Schängchen" Welteroth, Willy Paul und Hartmut Badneck. Welteroths Haus war noch unverputzt, im Hintergrund links erkennt man noch den alten Schuppen im Garten der damaligen Besitzer Silke und Bernd Weber.

 

 

 

 

 

 

 

Fesche Dreiseler Tänzerinnen (ca. Mitte der 1990er Jahre)

 

Dreisel heute

Auch heute gibt es in Dreisel noch sehr bemerkenswerte Menschen. Leute, die sich gerne für Mitmenschen und das dörfliche Leben einsetzen und die so dazu beitragen, dass das Leben in Dreisel lebenswert ist. Menschen, die in ihrer Freizeit an Dorfverschönerungen mitarbeiten, Feste organisieren, Kuchen backen, den Rasen an der Sieg mähen, den Brunnen und den Spielplatz pflegen und vieles mehr tun. Eine Person aus diesem Kreis spielt jedoch eine ganz besondere Rolle: Bernd Overhaus ist im Dorf nicht nur einer, der bei anstehenden Arbeiten immer ganz vorne mit dabei ist. Er ist darüberhinaus auch, und das ist ganz wichtig, eine Art Dreiseler „Integrationsbeauftragter". Er kann mit allen reden, wird von allen anerkannt und bringt sie alle zusammen: die Alten und die Jungen, die Eingeborenen und die Zugezogenen – und er bleibt dabei stets völlig uneitel und freundlich. Was wäre Dreisel ohne Bernd Overhaus?