Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts gab es in Dreisel das Problem, dass sehr viele Dorfbewohner den gleichen Nachnamen hatten und so der Familienname seine Funktion als eindeutiges Unterscheidungsmerkmal oftmals eingebüßt hatte. Beispielsweise hörten in den frühen 1900er Jahren von den ca. 400 Einwohnern immerhin mehr als 50 Personen aus 10 Familien auf den Namen Gauchel. Weitere 40 Dreiseler hießen Patt. Da zudem die Auswahl an gebräuchlichen Vornamen zu jener Zeit deutlich kleiner war als heute, kann man sich leicht vorstellen, dass es im Ort z.B. gleich 5 Josef Gauchels gab - und das, so dachte sicher nicht nur der Briefträger, in einem Dorf ohne Straßennamen! Aus diesem Dilemma halfen sich die erfindungsreichen Dorfbewohner mit einem Trick: Vornamen der Eltern wurden zur Unterscheidung hinzugezogen und die betroffene Person „verlor“ quasi im Volksmund ihren Familiennamen. Beispiel: Ein Franz Gauchel hatte 3 Söhne und 3 Töchter. Die Söhne wurden kurzerhand Franz-Pitter, Franz-Wilhelm und Franz-Gerhard genannt, eine der Töchter Franz-Dröckchen (Gertrud). Die Kinder des Franz-Pitter hießen dann im Dorf nur Franz-Pittersch Anton, Franz-Pittersch Wilhelm usw. Joachim Gauchel, der viel zu dieser Chronik beigetragen hat, wird manchmal noch Franz-Pittersch Joachim genannt. Über diese Dreiseler Eigenart wurde sogar in der Presse berichtet – 1950 erschien zu diesem Thema ein ausführlicher Artikel in der „Siegkreis-Rundschau“. Aus diesem Artikel stammen auch die meisten der vorgenannten Beispiele. Autor war ein Heinrich Schmitt aus Bocholt. Er war der Sohn eines langjährigen Lehrers an der Dreiseler Schule, weshalb er und seine Geschwister auch nur „De Lehrersch“ genannt wurden.
Ein heute noch oft genanntes Beispiel ist der „Emilien Jupp“ (Josef Gauchel, Mutter hieß Emilie), der als fahrender Händler im Dorf und der Umgebung natürlich bestens bekannt war.
Weitere Beispiele: Josephs Heinrich (Heinrich Gauchel), Franz-Pittersch Karl (Karl Gauchel), Pitterchens Karl (Karl Kolb) oder Karlinchens Willi (Willi Gerhards).